Planung

Die richtige Dimensionierung Ihrer Heizung

30.08.2023
8 Min. Lesezeit

Die richtige Dimensionierung einer Heizungsanlage ist entscheidend für Effizienz, Komfort und Wirtschaftlichkeit. Eine zu große Anlage verursacht unnötige Kosten, eine zu kleine kann den Wärmebedarf nicht decken. In diesem Artikel erfahren Sie, worauf es bei der Dimensionierung ankommt und wie Sie die optimale Größe für Ihr Heizsystem ermitteln.

Warum die richtige Dimensionierung so wichtig ist

Probleme bei Überdimensionierung

  • Höhere Anschaffungskosten für eine unnötig große Anlage
  • Ineffizienter Betrieb durch häufiges Takten (An/Aus-Zyklen)
  • Erhöhter Verschleiß und kürzere Lebensdauer
  • Höherer Energieverbrauch und damit höhere Betriebskosten
  • Größerer Platzbedarf für Heizkessel und ggf. Speicher

Probleme bei Unterdimensionierung

  • Unzureichende Wärmeversorgung bei niedrigen Außentemperaturen
  • Übermäßige Belastung der Anlage durch Dauerbetrieb
  • Komforteinbußen durch nicht erreichbare Wunschtemperaturen
  • Erhöhter Verschleiß durch Dauerbetrieb ohne Reserven
  • Möglicherweise vorzeitiger Austausch der Anlage notwendig

Wussten Sie schon?

Studien zeigen, dass bis zu 80% der Heizungsanlagen in Bestandsgebäuden überdimensioniert sind, oft um den Faktor 1,5 bis 2,5. Dies führt zu einem Mehrverbrauch von 5-15% und einer verkürzten Lebensdauer der Anlagen.

Faktoren für die Heizlastberechnung

Die Heizlast eines Gebäudes gibt an, wie viel Wärmeleistung benötigt wird, um bei der tiefsten zu erwartenden Außentemperatur (Auslegungstemperatur) die gewünschte Innentemperatur zu erreichen und zu halten. Folgende Faktoren beeinflussen die Heizlast:

Gebäudehülle

Die Qualität der Wärmedämmung von Wänden, Dach, Fenstern und Boden hat den größten Einfluss auf die Heizlast. Je besser die Dämmung, desto geringer der Wärmeverlust und damit die benötigte Heizleistung.

Gebäudegröße und -geometrie

Die beheizte Wohnfläche, das beheizte Volumen und das Verhältnis von Außenfläche zu Volumen (A/V-Verhältnis) beeinflussen die Wärmeverluste. Kompakte Gebäude haben in der Regel geringere Wärmeverluste als stark gegliederte.

Klimatische Bedingungen

Die Auslegungstemperatur (tiefste zu erwartende Außentemperatur) variiert je nach Region. In der Schweiz liegt sie typischerweise zwischen -7°C und -12°C, in höheren Lagen auch tiefer.

Lüftungswärmeverluste

Der Luftaustausch durch Fensterlüftung oder Lüftungsanlagen führt zu Wärmeverlusten, die in der Heizlastberechnung berücksichtigt werden müssen. Bei Gebäuden mit kontrollierter Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung sind diese Verluste deutlich geringer.

Methoden zur Ermittlung der Heizlast

1. Normberechnung nach SIA 384.201

Die genaueste Methode ist die Berechnung nach der Schweizer Norm SIA 384.201 (entspricht der europäischen Norm EN 12831). Diese berücksichtigt alle relevanten Faktoren und liefert eine präzise Heizlastberechnung für jedes Gebäude und jeden Raum.

Diese Berechnung sollte von einem Fachmann (Heizungsplaner, Energieberater) durchgeführt werden und ist vor allem bei Neubauten und umfassenden Sanierungen zu empfehlen.

2. Vereinfachte Berechnung nach Fläche

Für eine grobe Abschätzung kann die Heizlast anhand der beheizten Wohnfläche und des energetischen Standards des Gebäudes ermittelt werden:

GebäudestandardSpezifische HeizlastBeispiel für 150 m²
Altbau unsaniert (vor 1980)100-120 W/m²15-18 kW
Teilsanierter Altbau70-100 W/m²10,5-15 kW
Neubau nach MuKEn 201440-60 W/m²6-9 kW
Minergie-Standard30-40 W/m²4,5-6 kW
Minergie-P / Passivhaus10-25 W/m²1,5-3,75 kW

Beispielrechnung

Ein teilsaniertes Einfamilienhaus mit 150 m² Wohnfläche:
Heizlast = 150 m² × 80 W/m² = 12.000 W = 12 kW

Diese Berechnung liefert jedoch nur einen Richtwert. Für eine präzise Dimensionierung ist eine detaillierte Berechnung nach SIA 384.201 empfehlenswert.

3. Berechnung auf Basis des bisherigen Verbrauchs

Bei bestehenden Gebäuden kann die Heizlast auch anhand des bisherigen Energieverbrauchs abgeschätzt werden. Diese Methode ist jedoch nur bedingt geeignet, da sie den tatsächlichen Zustand des Gebäudes und das Nutzerverhalten nicht berücksichtigt.

Besonderheiten bei verschiedenen Heizsystemen

Wärmepumpen

Bei Wärmepumpen ist die Leistung stark von der Quellentemperatur abhängig. Je kälter die Außenluft (bei Luft-Wasser-Wärmepumpen), desto geringer die Leistung. Daher wird oft mit einem Leistungsfaktor gerechnet:

  • Luft-Wasser-Wärmepumpen: Faktor 1,2-1,3
  • Sole-Wasser-Wärmepumpen: Faktor 1,0-1,1
  • Wasser-Wasser-Wärmepumpen: Faktor 1,0

Biomasse-Heizungen

Pellet- und Holzheizungen haben ein träges Regelverhalten und sollten daher mit einem Pufferspeicher kombiniert werden. Die Dimensionierung erfolgt oft mit einem Zuschlag:

  • Pelletheizungen: Faktor 1,1-1,2
  • Stückholzkessel: Faktor 1,5-2,0 (größerer Pufferspeicher notwendig)

Warmwasserbereitung berücksichtigen

Wenn die Heizungsanlage auch für die Warmwasserbereitung genutzt wird, muss dies bei der Dimensionierung berücksichtigt werden. Der Leistungsbedarf für die Warmwasserbereitung hängt von der Anzahl der Personen und dem gewünschten Komfort ab.

Faustregeln für den Warmwasserbedarf

  • 1-2 Personen: ca. 1-2 kW zusätzliche Leistung
  • 3-4 Personen: ca. 2-3 kW zusätzliche Leistung
  • 5-6 Personen: ca. 3-4 kW zusätzliche Leistung

Bei modernen Anlagen mit Pufferspeicher kann die Leistung für die Warmwasserbereitung oft niedriger angesetzt werden, da die Wärme über einen längeren Zeitraum im Speicher bereitgestellt wird.

Reserven und Zukunftssicherheit

Bei der Dimensionierung sollten auch mögliche zukünftige Änderungen berücksichtigt werden:

  • Geplante Erweiterungen: Wenn ein Ausbau des Dachgeschosses oder ein Anbau geplant ist, sollte die zusätzliche Heizlast berücksichtigt werden.
  • Energetische Sanierungen: Wenn in naher Zukunft eine Dämmung der Gebäudehülle geplant ist, sollte die Heizungsanlage eher kleiner dimensioniert werden.
  • Änderung der Nutzung: Eine mögliche Änderung der Raumnutzung oder der Nutzeranforderungen sollte berücksichtigt werden.

Als Faustregel gilt: Eine Reserve von 10-15% ist sinnvoll, um Unsicherheiten in der Berechnung und leichte Änderungen der Nutzung abzudecken. Größere Reserven führen jedoch zu den oben genannten Problemen der Überdimensionierung.

Modulierende Systeme und Kaskaden

Moderne Heizsysteme bieten oft die Möglichkeit, die Leistung an den aktuellen Bedarf anzupassen:

Modulierende Heizkessel

Moderne Gas- und Ölheizkessel können ihre Leistung in einem bestimmten Bereich anpassen, typischerweise zwischen 30% und 100% der Nennleistung. Dies verbessert die Effizienz bei Teillast erheblich.

Inverter-Wärmepumpen

Wärmepumpen mit Inverter-Technologie können ihre Leistung stufenlos anpassen, oft in einem Bereich von 20% bis 100%. Dies reduziert die Anzahl der Start-Stopp-Zyklen und erhöht die Effizienz.

Kaskadenschaltung

Bei größeren Anlagen können mehrere kleinere Wärmeerzeuger zu einer Kaskade zusammengeschaltet werden. Je nach Wärmebedarf werden dann nur so viele Geräte in Betrieb genommen, wie tatsächlich benötigt werden.

Diese Technologien erhöhen die Flexibilität und Effizienz der Heizungsanlage und machen sie weniger anfällig für Probleme durch Über- oder Unterdimensionierung.

Fazit: So gehen Sie bei der Dimensionierung vor

1

Professionelle Heizlastberechnung

Lassen Sie eine detaillierte Heizlastberechnung nach SIA 384.201 von einem Fachmann durchführen. Dies ist die Basis für eine korrekte Dimensionierung. Unsere Heizungsexperten unterstützen Sie gerne dabei.

2

Berücksichtigung aller Faktoren

Beziehen Sie alle relevanten Faktoren ein: Gebäudehülle, Warmwasserbedarf, Nutzungsverhalten, klimatische Bedingungen und zukünftige Änderungen.

3

Angemessene Reserven

Planen Sie eine moderate Reserve von 10-15% ein, aber vermeiden Sie eine übermäßige Überdimensionierung.

4

Vergleich mehrerer Angebote

Holen Sie Angebote von mehreren Heizungsbauern ein und vergleichen Sie die vorgeschlagenen Dimensionierungen. Bei großen Abweichungen sollten Sie nach den Gründen fragen.

5

Moderne Technologien nutzen

Setzen Sie auf modulierende Systeme oder Kaskadenlösungen, um eine hohe Flexibilität und Effizienz zu erreichen.

Eine korrekt dimensionierte Heizungsanlage bietet optimalen Komfort bei minimalen Betriebskosten und maximaler Lebensdauer. Die Investition in eine professionelle Planung zahlt sich durch geringere Betriebskosten und eine längere Lebensdauer der Anlage mehrfach aus. Mehr zur richtigen Planung Ihres Heizungssystems erfahren Sie in unserem Artikel So planen Sie Ihren Heizungstausch richtig.

Für eine individuelle Beratung zu Ihrem Gebäude empfehlen wir Ihnen, einen Heizungsfachmann oder Energieberater zu konsultieren. Nutzen Sie auch unseren Heizungsrechner für eine erste Abschätzung der optimalen Heizungsgröße und der zu erwartenden Kosten. Oder kontaktieren Sie uns direkt für eine persönliche Beratung.

Quellen: Bundesamt für Energie (BFE), Schweizerischer Verein von Gebäudetechnik-Ingenieuren (SWKI), SIA 384.201, EnergieSchweiz